Samstag, Februar 11, 2017

die Leidensjahre des Günter M.

lesen Sie heute Teil 2 des beliebten Fortsetzungsromans, der Ihnen nie gekannte Einblickte in die tiefsten Gefühle und Leiden eines aufstrebenden Junganglers auf seinem Weg in den anglerischen Olymp vermittelt...


Teil 2
Nachdem wir also unsere ersten Fische gelandet hatten, wuchs in uns das Selbstbewußtsein und zeitgleich auch der Größenwahn, denn mit den ersten Fischen und deren akoraten Enthaken und Verhaften im Kescher dachten wir ganz anders über unsere Gegner. Diese kochten auch nur mit Wasser, dass deren Wasser heißer war oder vielleicht besser, merkten wir sehr schmerzhaft, als wir mit geschwollener Brust zum ersten Jugendangeln antraten. Nicht nur, dass wir die Jüngsten waren, nein, wir hatten auch das erbärmlichste Equipment. Alle, wirklich alle anderen hatten nicht nur eine Rute, sondern mehrere, dazu auch noch verschiedenste Halterungen für Dosen, in denen man die Köder  aufbewahrte. Da wir mit unseren 13 Jahren nur mit Fahrrädern ausgestattet waren, war auch die Möglichkeit viel Material zu bewegen recht eingeschränkt. Mit ein wenig Geschick passte ein Angelkoffer, ein Fang und Setzkescher und ein Eimerchen auf den Gepäckträger, eine Tüte mit dem Toastbrot und dem Paniermehl aus dem Diskounter, musste am Lenker befestigt werden und dann kam die Paradedisziplin: Die Rute in einer Hand, den Lenker in der anderen und die wackelige Fahrt zum Wettkampfweiher begann. Nicht dass man jetzt glaubt, dass Aachen ein plattes Land ist, nein, ganz im Gegenteil, es geht eigentlich nur rauf und runter. Der Balanceakt war ganz schön anstrengend, denn wegen des Koffers auf dem Gepäckträger durfte man nicht zu stark hin und her schwanken, ohne dass er herab fiel, und das alles nur mit einer Hand am Lenker. Unsre Konkurrenz wurde meistens von ihren Eltern mit dem Auto gebracht, oder besaß Mofas, die mit einem Transportanhänger bestückt waren .Aber zurück zur ersten Abreibung: Mit Verwunderung stellten wir fest, dass einige nicht nur selbst gefangene Würmer und gekaufte Maden als Köder hatten, sondern selbstgemachten Teig mit Anis oder Vanille, dunkles Paniermehl aus bunt bedruckten Tüten, Käsewürfel und sogar Mais zum Weiher brachten. Da unser Taschengeld gerade mal zur Aufstockung unserer Schwimmer, Haken und Bleie ausreichte, waren Ausgaben für so viel Vielfalt einfach nicht drin. Nichts desto Trotz, dachten wir, dass nach unseren erzielten Erfolgen ,wir  nun doch ernst zu nehmende Gegner seien. Weit gefehlt !!!! Im ersten Jahr der Jugendangeln waren die letzten Plätze vorprogrammiert und auch in den Ergebnislisten zu lesen. Was kann man tun ? Weihnachten näherte sich und der Wunschzettel bestand fast ausschließlich aus Dingen, die für die Angelei ihre Verwendung fanden. Nächste Saison --- neue Möglichkeiten ;-).In den nächsten zwei Jahren mauserten wir uns tatsächlich zu Anglern, die aufgerüstet hatten und auch mit den Fangergebnissen ein Wörtchen unter den TOP-Ten mitreden konnten. Dann kam ein Jahr der Entscheidung: Ich schaffte es von 6 Jugendangeln 4 mal den 2ten Platz, ein Mal den 3ten und ein Mal den 4ten Platz zu erzielen, damit lag ich genau einen Punkt hinter dem „König der Jugendangler“. Da ich nun auch mit mehr Selbstbewußtsein auftrat, verpassten mir die „GROßEN“ einen Denkzettel. Sie packten mich mit 3 Leuten an den Füßen, drehten mich rum  und ließen mich kopfüber von einem Podest aus langsam in den Weiher eintauchen. Sie drohten mir damit, falls ich zu stark zappeln würde, lassen wir dich ganz los. Sie nannten es TAUFE. Da ich ja nun wusste, dass der Jugendkönig nach dieser Saison zu den Erwachsenen aufsteigen würde, hielt ich meine Chancen für sehr realistisch im kommenden Jahr aufzutrumpfen ;-). Dieser Zahn sollte mir aber wiedermals gezogen werden und zwar von dem Jungen, der mir das letzte Jahr schon die Krone verwehrt hatte. Bei einem Treffen der Jungend war ich wohl ein wenig zu optimistisch und kündigte an, wohl der nächste Anwärter für den Jugendkönig zu werden, da der „Alte“ ja nun nicht mehr bei der Jugend mitfischt. VERDAMMT !!! Nach meiner Ankündigung kam postwendend eine Ankündigung der ausscheidenden Königs: DU wirst nicht im nächsten Jahr König, DEIN Bruder wird es !!!! Wie in Gottes Namen sollte mein Bruder dies schaffen ??? Klare Ansage vom scheidenden „König der Jugend“: Ich werde dafür sorgen, dass dein Bruder jedes Angeln gewinnt. Gesagt --à getan !!!! Diese miese Gestalt ist tatsächlich im darauf folgendem Jahr zu jedem Jugendangeln erschienen und hat dafür gesorgt, dass ich wieder nur zweiter in der Meisterschaft wurde. Den Namen, der ewige Zweite hatte ich mir somit also wiedermal verdient ;-(. Ist zwar schön, wenn eine Familie ganz weit oben in der Liste zu finden ist, aber warum nicht mein Name ? 

Im nächsten Jahr wurden sämtliche Fischereigesetze geändert und nun wurde es zur Pflicht, dass jeder gefangene Fisch nach dem Wiegen, abgeschlachtet werden musste, dies wiederum wiedersprach aber meiner Überzeugung und deshalb blieb ich von nun an allen Wettkämpfen fern. Mein Zwillingsbruder war da wesentlich diplomatischer, er ging zu den Wettkämpfen hin, zeigte den Erwachsenen, wie man Fisch fängt, aber wenn es ums Wiegen ging, hatte er seine eigene Methodik... und fand einen legalen Weg, die Fische am Leben zu halten...

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